Über das erste Workcamp in Ravensbrück berichten dieses Mal zwei Teilnehmer*innen, die das erste Mal in Ravensbrück dabei waren. Es sind zwei spannende Berichte, die die jungen Leute zur Verfügung stellen. Es wurden während des Workcamps durch Getränkespenden und die Kollekte Spenden für die Ukraine gesammelt. Ein herzliches Dankeschön für 205 Euro, die für Hilfsgüter eingesetzt werden können!
Gegen das Vergessen
Auch in diesem Frühjahr fand unser generationsübergreifendes Workcamp, mit dem Ziel, unseren Beitrag zur Erhaltung der Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück zu leisten und somit stetig gegen das Vergessen zu arbeiten, statt. Nach der Ankunft am Freitagabend fanden sich alle Teilnehmenden zusammen und begannen ihren Aufenthalt mit einem thematischen Einstiegsfilm, wodurch unsere Gruppe gemeinsam eine Sensibilisierung erlebte und die persönlichen Gefühle bei weiteren Gesprächen, während des Abendessens und auch bei dem nachfolgenden Abendprogramm, austauschen konnten.
Am Samstagmorgen begann der erste Arbeitseinsatz. Für neue Helfende bot sich die Möglichkeit an einer Führung durch das ehemalige Frauen-Konzentrationslager Ravensbrück teilzunehmen. Von Dezember 1938 bis April 1939 wurde in dem an der Havel gelegenen Dorf Ravensbrück ein spezielles Konzentrationslager, ein reines Frauenlager von den Häftlingen des KZs Sachsenhausen errichtet. Offiziell sollte das Lager als „Schutzhaftlager“ für weibliche Häftlinge dienen, die aus der Gesellschaft „entfernt“ werden sollten. In der Realität hieß dies nicht nur, dass die Insassinnen Zwangsarbeit in der benachbarten Siemensfabrik leisten mussten. Der Schwerpunkt lag darauf, jede Form von Widerstand im Keim zu ersticken. Die Insassinnen wurden entwürdigt. Schon bei der Ankunft wurden sie von den Aufseherinnen mit Hunden und Peitschen empfangen. Dieses sollte ein Vorspiel zu der Hölle sein, welche die Frauen erwartete. Zwischen den Jahren 1939 bis 1945 sind ca. 120.000 Frauen und Kinder registriert worden. Im April 1941 wurde ein Männerlager angegliedert, in welchem ca. 20 000 Männer registriert wurden. Die nach Ravensbrück Deportierten stammten aus über 30 Nationen. Viele von ihnen wurden im Wald erschossen, in der Gaskammer erstickt, zu Tode geprügelt, durch medizinische Experimente und Folter getötet oder dem Hungertod überlassen. Trotz der Gräueltaten, welche sich in dem Konzentrationslager Ravensbrück abspielten, ist die Historiografie lange Zeit achtlos über die Geschichte hinweggegangen.
Einerseits kann dies darauf zurückgeführt werden, dass die Lagerverwaltung die Gefangenenakten im lagereigenen Krematorium verbrannte; jedoch mag auch ein Faktor sein, dass ein Frauenlager, welches wiederum von Frauen als Aufseherinnen bewacht wurde, eine geringere Aufmerksamkeit während der Zeit des Nationalsozialismus und auch in der Aufarbeitung der Nachkriegszeit bis heute, erfuhr.
Solch ein Vergessen wollen wir durch unseren Beitrag zur Erhaltung der Mahn- und Gedenkstätte, welcher aus notwendigen Arbeiten auf dem Gelände und in dem Archiv besteht, verhindern. Denn neben einem respektvollen Gedenken an die Opfer steht das Erinnern auch für eine Sensibilisierung aktueller politischer Lagen und ist somit von essenzieller Bedeutung. Am Samstag folgten nach der Führung durch die Mahn und Gedenkstätte zwei Arbeitseinsätze jeweils im Archiv und auf dem Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers und der ehemaligen Siemensfabrik. Bei der Geländearbeit stand neben Aufräumarbeiten ein Aufbau einer Schutzhecke für Neupflanzungen von Bäumen im Vordergrund. Die Stecklinge wurden aus Bäumen gezogen, welche sich schon zu den Zeiten des Nationalsozialismus
auf dem Gelände befanden. Um diesen eingepflanzten Stecklingen Schutz gewähren zu können, bauten wir aus Baumstämmen einen Zaun, welchen wir mit Ästen und Stroh füllten, damit dieser gleichzeitig als Lebensraum für verschiedenste Tiere fungieren kann. Da unser Workcamp hauptsächlich aus Teamarbeit bestand und bestehen wird, teilten wir uns hierfür auf. Eine Gruppe sammelte Stroh, die andere trennte Baumstämme von ihren Ästen und brachte diese zu der Gruppe, welche letztendlich den Zaun baute. Am Sonntagmorgen schafften wir es, die Hecke gemeinsam vollständig zu befüllen und somit konnten wir in der dritten Einheit des Workcamps unser Projekt für das Frühjahrscamp beenden.
Um unser Gedenken zu vertiefen und auch die Kommunikation unter uns und mit Gott zu suchen, kamen wir alle am Samstagabend in der ehemaligen Schneiderei auf der Mahn- und Gedenkstätte für einen Gottesdienst zusammen. Auch hierbei wurde die Verbindung zwischen Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus und die Erinnerung an die Opfer der derzeitigen Kriege, welche sich auf der Welt abspielen, gesetzt. Wir hatten die Möglichkeit unsere Emotionen zu teilen, die Betroffenheit, Wut und Trauer über vergangene und derzeitige Geschehnisse offen darzulegen und Hoffnungen und
Wünsche für die Zukunft zu formulieren. Auch unser gemeinsames Grillen am Samstagabend war
von dem Teilen der emotionalen Eindrücke in der Gruppe geprägt.
Nach dem Frühstück und der Beendigung des Projekts der Schutzhecke am Sonntagmorgen kamen wir noch ein letztes Mal zusammen, um ein Resümee zu ziehen. Hoffentlich konnten wir mit der Errichtung eines Schutzzaunes für die Steglinge, welche von Bäumen kommen, die sich während der grausamen Zeit des Nationalsozialismus auf dem Gelände des Konzentrationslagers befanden, ein Zeichen setzen. Ein Zeichen des Gedenkens und des Schutzes, denn Schutz der Freiheit ist nie selbstverständlich und dies dürfen wir nicht vergessen.
Felicitas Heddergott (Text)
Fotos: Daniel Buchholz
Bericht Workcamp Ravensbrück 25.-27.3.2022
Die Kolpingjugend veranstaltete vom 25. bis 27. März 2022 ein generationsübergreifendes Workcamp in Ravensbrück. Seit 1995 engagiert sich die Kolpingjugend in der Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück. Das KZ Ravensbrück war zur Zeit des Nationalsozialismus das größte Frauen KZ im damaligen Deutschland. Durch die Arbeitseinsätze auf dem Gelände trägt die Kolping Jugend dazu bei, dass das KZ ein Ort des Erinnerns und Gedenkens an das damalige Leid der Frauen bleibt.
Die DJH Ravensbrück ist in unmittelbarer Nähe zu der Gedenkstätte und war damit unser idealer Ort, iwo wir außerhalb der Arbeitseinsätze auf dem Gelände, die Zeit verbringen konnten.
Der Samstag startete um 8 Uhr mit einem Frühstück in der Jugendherberge. Danach konnten die Teilnehmenden, die das erste Mal im KZ Ravensbrück waren, an einer Führung teilnehmen. Die Führung über das ehemalige Konzentrationslager war sehr gelungen. Neben den allgemeinen Fakten und Tatsachen wurde immer wieder von persönlichen Schicksalen berichtet, die auf dem KZ geschehen sind. Somit konnte man sich sehr gut in das damalige Leid der Frauen hineinversetzen.
Die Teilnehmenden der Kolpingjugend, welche schon öfter in Ravensbrück waren, nutzten den Vormittag auf dem Gelände und haben mit der Gartenarbeit angefangen. Nach dem Mittagessen gab es Freizeit, die man damit genutzt hat, draußen oder im Aufenthaltsraum mit den anderen Teilnehmenden des Workcamps zu sprechen oder gemeinsam Spiele zu spielen.
Nachmittags waren wir alle am Arbeiten. Die Älteren, welche sich nicht mehr so fit gefühlt haben, arbeiteten im Archiv, die anderen auf dem Gelände. Wir haben angefangen lose Rinde aufzusammeln sowie umgefallene Bäume und Äste kleinzuschneiden. Des Weiteren wurden Pfähle für unser Insektenhotel in den Boden geschlagen. Vor dem Abendessen gab es einen gemeinsamen Gottesdienst. Der Tag war sehr kräftezehrend. Somit freuten wir uns alle auf das Grillen zum Abendessen. Da es am
Samstag draußen sehr kalt war, ließen einige den Abend noch im Aufenthaltsraum ausklingen.
Sonntag war purer Sonnenschein, sodass wir nach dem Frühstück voller Vorfreude auf die Gartenarbeit waren. Wir vervollständigten unser Insektenhotel, welches gleichzeitig auch ein Windschutz für Setzlinge ist. Wir befüllten das Konstrukt mit Heu und den geschnittenen Ästen vom Vortag. Es war sehr schön, dass wir unser gebautes Projekt zu Ende bringen konnten. Nach dem verdienten Mittagessen gab es eine Reflexionsrunde, bevor alle abgereist sind.
Zusammenfassend war es ein sehr schönes Wochenende, an dem jeder etwas über das KZ Ravensbrück gelernt und mit der Arbeit etwas Gutes getan hat. Für mich persönlich war es das erste Mal, dass ich an dem Workcamp der Kolpingjugend in Ravensbrück teilgenommen habe.
Das Wochenende hat mir sehr viel Spaß gemacht und ich habe wirklich viel über das KZ Ravensbrück gelernt. Außerdem herrschte eine sehr harmonische Stimmung innerhalb der Gruppe und ich wurde sehr gut aufgenommen. Gerne wieder!
Fabian Schuster (Text)
Bilder Daniel Buchholz